Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai ist nach altem Volksglauben
eine Nacht voller Magie: Die Walpurgisnacht. Die bekanntesten
Hexentanzplätze liegen der Legende nach im Harz. Bereits
Goethe beschrieb im Faust das Treiben auf dem Brocken.
Am Fuße dieses Berges liegt in Wernigerode eine der bekanntesten
Hochschulen für Tourismus. Die Tourismus-Studentinnen haben
versprochen, dieses Jahr einige Extra-Runden zu fliegen,
um die bösen Geister, die seit einiger Zeit auf dem Tourismus
liegen, zu vertreiben. Reicht dafür eine Nacht?
Kommentar Karl Born:
In der Tourismusbranche zu arbeiten, ist zur Zeit wahrlich kein
einfacher Job. Fast alle neuen Nachrichten haben den gleichen
Absender: Hiob ist sein Name. Getreu der Theorie von Murphy wenn
etwas schief geht, geht es von Anfang bis Ende schief steht
ab 1. Mai, mit der Ökosteuer auf Mallorca, das nächste
Problem an. Die Mallorquiner Tourismusbürokraten haben dann
jenen Zustand erreicht, von dem sie schon lange (theoretisch)
träumen: Weniger Gäste, die aber für die nichtgekommenen
Gäste mitzahlen. Ist da nicht eine Ähnlichkeit
vorhanden zur Aussage der Veranstalter zwar weniger Kunden,
aber Hauptsache wir halten die Marge hoch? Beides wird jedenfalls
nicht zur Belebung der Nachfrage beitragen.
Etwas einfacher haben es zur Zeit die Harzer Tourismusverantwortlichen,
denn im Harz ist dieser Tage richtig etwas los. In den Ortschaften
hängen Hexen-Puppen an den Häusern in Vorbereitung auf
das große Ereignis Walpurgisnacht. Überall wird der
Hexenbesen aus der Garage geholt und probegeflogen.
Das besondere dabei ist, dass vor dem Flug nicht das Flugzeug
betankt wird, sondern die Pilotin sich betankt, vorzugsweise mit
Schierker Feuerstein. Die Walpurgisnacht im Harz ist inzwischen
eine Mischung aus Weiberfastnacht und Rosenmontag (Entschuldigung
liebe Kölner für diesen Vergleich), zumindest für
Harzer-Verhältnisse. Auf jeden Fall hat sie sich zu einem
überregionalen touristischen Event entwickelt, der auch viele
Besucher von außerhalb anzieht. Manch fehlender
Mallorca-Kunde mag dieses Jahr dabei sein.
Die Tourismus-Studentinnen der Hochschule Harz in
Wernigerode, über die aktuelle Buchungslage der großen
Veranstalter genau im Bilde, haben sich dieses Jahr zugunsten
des internationalen Tourismus, besonderes vorgenommen. In der
Walpurgisnacht werden bekanntlich nicht nur die bösen Geister
des Winters vertrieben, diese Nacht gilt auch als Symbol des Wachstums
und soll sich gut für Zukunftsdeutungen eignen. Da die großen
Hexenmeister des Tourismus mit ihrem Abrakadabra offensichtlich
am Ende sind, wollen die Studentinnen in der Walpurgisnacht einige
Extra-Runden auf ihren High-Tec-Besen fliegen und
ihren künftigen Arbeitgebern mal zeigen, was demnächst
auf sie zukommt.
Der bisherige große Meister aus
Hannover soll sich daraufhin bereits nach einer neuen Stelle umgesehen
haben. Hauptsache: Recht Weit Entfernt.
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