Aktuelle Top-Meldung von ARD-Videotext, Spiegel online und anderen
Medien: Gehirne verschollen. Wohlgemerkt Gehirne von Menschen,
die seit einem Vierteljahrhundert tot sind. Man sollte sich mehr
Gedanken darüber machen, ob bei den Lebenden noch alles vorhanden
ist. Zumindest ein funktionierendes Gedächtnis, scheint bei
einigen Branchengrößen auf der Vermisstenmeldung zu
stehen.
Kommentar Karl Born:
Im Prinzip erwähnt man es eigentlich ungern, dass man auf
ein Problem früher als andere aufmerksam gemacht hat (es
genügt, dass es so war). Es gilt als unhöflich darauf
aufmerksam zu machen, dass einige Manager etwas länger brauchen
um zu erkennen, dass sie sich bewegen müssen. Dass diese
Spätaufsteher dann noch aus der Rede der Frühaufsteher
zitieren (aber die Quellenangabe vergessen), so ist manchmal das
Leben. Wenn sie dann aber noch die Chuzpe haben in diesem Zusammenhang
Unwahrheiten zu verbreiten, dann ist irgendwo Ende der Toleranz
angesagt.
Wer in der jüngeren Vergangenheit darauf aufmerksam machte,
dass die aktuelle Regelung zum Reiserücktritt nicht mehr
zeitgemäß sei und dringend einer Reform bedürfe,
wurde bislang beschimpft. Dabei war der Handlungsbedarf offensichtlich.
Man kann nicht einerseits von modernem Customer Relationship Management
reden und an einer antiquierten Zwangskundenbindung festhalten.
Zu keinem Zeitpunkt war angedacht, dass dies das Ende der Reiserücktrittkostenversicherung
sein müsste, ebenso wenig war dabei vergessen worden, dass
die Stornierungsgebühren eine wesentliche Ertragsposition
der Veranstalter sind. Aber nur eine Mischung aus Versicherung,
Reisegutschein und anderen Maßnahmen kann zukunftsfähig
sein, insbesondere wenn man die potenziellen Kunden nicht noch
mehr in Richtung spätbuchen abgleiten lassen will.
Spät, aber hoffentlich nicht zu spät, beginnen auch
erste Versicherungsmanager über Modifizierungen nachzudenken.
Normalerweise wäre dies eine gute Gelegenheit sich mit jenen,
die sich über eine denkbare Neuregelung schon Gedanken gemacht
haben, an einen Tisch zu setzen. Eine Verbesserung des Status
quo ist dringender geboten, als dies die meisten Branchenverantwortlichen
glauben.
Die Art und Weise des Vorgehens lässt diesen Gedanken sofort
wieder in Vergessenheit geraten. Da gibt ein Top-Versicherungsmanager
ein Interview und spricht vom Szenario B, wie Bomben
auf Bagdad und Blutbad. Und stellt in diesem Zusammenhang fest,
wie unprofessionell die Reisebranche sei. Da darf
man gespannt sein, ob dies dem DRV-Vorsitzenden ein Kommentar
wert sein wird oder ob er darüber genauso kommentarlos hinweg
gehen wird, wie über den Anti-Reise-Artikel in der Illustrierten
Stern, unmittelbar vor der DRV-Tagung, in dem der Branche ziemlich
kräftig in die Fresse geschlagen wurde. Aber der Branchenfeind
wurde an anderer Stelle ausgemacht.
Ungefähr in die gleiche Richtung meint besagter Versicherungsmanager
nachlegen zu müssen, wenn er den Ex-TUI-Vorstand Born
mit der Aussage belegt er habe die Menschen in einem Focus-Interview
aufgefordert, nicht zu reisen. Dieses Zitat ist eine so
offensichtliche Unwahrheit, dass der Versicherungsvertreter, entweder
bösartig ist oder eklatante Leseschwierigkeiten hat. Man
kann es aber nicht darauf beruhen lassen, weil das vom DRV-Präsidenten
ebenso frei erfundene Zitat vom Hochsicherheitstrakt
leider völlig ungeprüft weiter verbreitet wird.
Umgekehrt hat der gerne voraus- aber leider nicht nachdenkende
Versicherungsmanager kein Problem, die Autoindustrie mit einem
Beispiel zu zitieren, das er von besagtem Ex-TUI-Manager bei dessen
Rede im September in Wiesbaden gehört hat. Richtig so, wenn
man schon zu spät kommt, muss man es nicht auch noch erwähnen.
Ganz gleich wer sich jetzt auch noch an der Eiche wetzen möchte,
erfreulich ist, dass die Branche sich langsam in die richtige
Richtung bewegt. Studiosus war der erste Veranstalter, der offensiv
das Thema Sicherheit aufgriff. Die TUI hat auf der Pressekonferenz
in Ägypten zu erkennen gegeben, dass auch dort das Thema
positiv angegangen wird. Erfahrungen wie man mit kritischen Themen
sehr offensiv umgehen kann, gibt es schließlich aus der
Vergangenheit genügend: Das branchenexistenzielle Thema Umwelt
und der positive Ansatz Umweltbeauftragter, die sog. Weiße
Liste als Vertrauensbeweis nach dem Birgenair-Absturz, der
offensive Umgang mit dem Branchenproblem Beschwerden und nicht
zuletzt das Thema Geld-zurück-Garantie, als Kollegen und
Wettbewerber das Ende der Tourismusbranche weissagten.
So wird sich auch für das Thema Stornierungsgebühren
hoffentlich bald eine zukunftsfähige Lösung finden.
Gerade wer den Tourismus (und sogar die Branche) liebt, wird leichter
die notwendigen Veränderungen erkennen können.
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