Die Lage in der Touristik ist unverändert nicht zufriedenstellend.
Der Sommer steht vor der Tür und die Buchungsbereitschaft
ist weiterhin gering. Was ist jetzt das richtige Konzept? Preise
runter? Geht (angeblich) nicht, weil die Marge hochgehalten werden
soll. Bleibt die Kraft der Marke. Deshalb arbeiten alle Großveranstalter
daran, die Marke noch emotionaler zu gestalten. Alles streng vertraulich,
aber die Bissigen Bemerkungen wissen schon mehr.
Kommentar Karl Born:
Die große Vorfreude auf den Urlaub, der starke Drang nach
Nix wie weg, will sich dieses Jahr einfach nicht einstellen.
Noch hat kein Veranstalter für diese Situation die richtige
Kundenansprache gefunden. Die ist kein rationales, sondern ein
emotionales Problem. Eigentlich nichts Neues. Wie führte
Herr Dr. Frenzel in seiner vielbeachteten Rede auf dem FVW-Kongreß
2001 aus: Dabei können wir das Vertrauen unserer Kunden
nur dann gewinnen, wenn wir sie auch auf der emotionalen Ebene
ansprechen. Von einem Versprechen gegenüber den
Kunden war die Rede. Laut Focus-Bericht vom 10.6. sind die
Hotels der TUI zwar große Klasse, aber mit dem Verhältnis
Versprochen-Gehalten hapert es ausgerechnet beim Beschwerdemanagement,
einem sehr wichtigen Element moderner Dienstleistung. Ein neues
Versprechen gegenüber den Kunden ist jetzt notwendig und
um es besonders glaubwürdig zu machen, muss es künftig
vom obersten Chef persönlich kommen. Deshalb soll das Bild
des Vorstandsvorsitzenden künftig unmittelbar in das TUI-Logo
integriert werden, so wie der MGM-Löwe im Vorspann der MGM-
Filme. Mit diesem Bild auf den sog. Einlaufseiten der Kataloge,
wird ein neues Kapitel Dienstleistung aufgeschlagen, weil der
Kunde mit dem unmittelbaren Chefversprechen auch sicher sein kann,
dass die gesamte Mannschaft mit besonderem Ehrgeiz an der Umsetzung
des Versprechens arbeitet.
Einen ähnlichen Weg will die Thomas Cook AG gehen. Unbemerkt
von der Öffentlichkeit ist dort ein Arbeitskreis eingerichtet
worden, der sich mit der Realisierung des ungeheuer spannenden
Themas Zeitreisen beschäftigt. Zielrichtung:
Thomas Cook-Chef Stefan Pichler will in die Zeit des Reisepioniers
Thomas Cook reisen, ihn treffen, sich von ihm adoptieren lassen
und künftig den Namen Steve Cook tragen. Sein Konterfei in
allen Katalogen, versehen mit dem Traditionsnamen, soll die ganze
150-jährige Kompetenz von Cook auf die heutige Gesellschaft
übertragen und den immer noch vorhandenen Abstand auf den
Marktführer TUI verkleinern. Es gab zwar auch die umgekehrte
Idee, nämlich im Rahmen einer solchen Zeitreise Mr. Thomas
Cook aus dem Ende des 19. Jahrhunderts in die heutige Zeit zu
transferieren. Dies scheiterte jedoch zum einen an einer fehlenden
Planstelle im heutigen Vorstand, zum anderen passt auch der legendäre
Slogan Cooks Lieber ein Maximum zu ermäßigten
Preisen, als voller Tarif für leere Züge nicht
in die heutige Geschäftsphilosophie (siehe oben). Wer im
übrigen denkt, ein solcher Adoptionsgedanke sei abwegig,
hat keine Ahnung, wie viele Top-Manager sich schon aus anderen
Gründen haben adoptieren lassen.
Auch in einer anderen Firma, nämlich Lufthansa, kocht das
Markenthema hoch. Nach der spektakulären Umbenennung der
Condor wurde nun in der Lufthansa-Firmenzeitschrift vorgeschlagen,
die Lufthansa umzubenennen und zwar auf den Namen Star Alliance
(siehe Lufthanseat 943 vom 7.6.2002). Interessanterweise kam der
Vorschlag nicht von oben, sondern quasi von
unten, von einem LH-Pensionär, der nach seinem Ausscheiden
sich in besonderer Weise mit der betriebswirtschaftlichen Theorie
beschäftigte und auch promovierte. Insofern fand sein Vorschlag
besondere Beachtung und wird jetzt firmenintern heiß diskutiert.
Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.
Liebe Leserinnen und Leser der bissigen Bemerkungen,
falls Sie nähere Angaben zu diesen hochinteressanten Punkten
wünschen, rufen Sie nicht die Presseabteilungen der erwähnten
Firmen an. Die angesprochenen Projekte sind firmenintern so geheim,
dass selbst die Presseabteilungen sie wahrscheinlich nicht kennen,
vielleicht noch nicht einmal der Vorstand selbst.
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