BBB-Newsletter: jede Woche "Bissiges" per email (Info)

Zur Anmeldung

Borns "bissige" Bemerkungen ist die montägliche Kolumne rund um das aktuelle Geschehen in der Welt, speziell in der Tourismuswirtschaft. BBB erscheint seit März 2001 jeden Montag auf diesen Webseiten und als kostenloser email-Newsletter. Im Archiv finden Sie 300 weitere Kommentare zu den verschiedensten Themen und Anlässen.

[ Archiv ] - [ Suche ] - [ aktuelle BBB ] - [ Ihr Thema ] - [ XML ]

Bücher von oder mit Beiträgen von Karl Born: Abschied von der Spassgesellschaft | Der integrierte Touristikkonzern | Kundenorientierung im Touristikmanagement | Kundenmanagement als Erfolgsfaktor


29.10.2002
Ratet mal, wer jetzt gebissen wird?


Der DRV-Präsident erklärte auf der DRV-Tagung in Dubrovnik „wenn es besonders gesicherte Hotels mit bewaffnetem Personal am Hoteleingang gäbe, dann hätte der Terrorismus gesiegt“. Leider fanden sich in seiner Rede, obwohl Grundsatzrede geheißen, keine Ansätze wie die Branche mit diesem schwergewichtigen Problem künftig umgehen soll. So wurde aus Klaus Laepple, dem Vordenker kraft Amtes, leider „Klaus Kopf in den Sand“.

Kommentar Karl Born:
Die Wirklichkeit des Jahres 2002 überfordert gelegentlich den einen oder anderen. Verständlich. Ist es nicht schön, von den goldenen Tourismuszeiten des Jahres 2000 zu träumen, als die Urlauber unbeschwert gen Süden flogen, als man sich noch Kundenorientierung und Qualität leisten konnte, als Buchungszahlen und Ergebnis anscheinend in den Himmel wuchsen. Babel lässt grüßen.
Natürlich ist die Branche nicht verantwortlich für den 11.September. Entgegen der Meinung mancher Tourismuskritiker wurden die Attentate von Djerba und Bali nicht durch den Tourismus provoziert. Für all` das kann die Branche und ihr Präsident nichts. Aber sie sind verantwortlich dafür, wie sie mit diesen Ereignissen umgehen oder besser gesagt nicht umgehen. Wer in seiner Grundsatzrede für die Ereignisse auf Bali nur diesen einen peinlichen Satz übrig hat: „Sehr erfreulich ist hingegen die Tatsache, dass die Bomben auf Bali kaum Stornierungen und wenige Umbuchungen ausgelöst haben“ kann sich auch nicht mit der Gedenkminute zu Beginn der Veranstaltung exkulpieren.
Viel mehr Zeit wurde für jene (oder besser gesagt gegen jene) aufgewendet, die sich mit der Problematik „Auswirkungen des Terrorismus auf den Tourismus“ auseinandergesetzt haben. Da gab es die so gut klingende, aber ebenso so leicht zu widerlegende pathetische Phrase: „Wenn es besonders gesicherte Hotels mit bewaffnetem Personal am Hoteleingang gäbe, dann hätte der Terrorismus gesiegt“.
An den Flughäfen wurden nach dem 11. September die Sicherheitsmaßnahmen drastisch erhöht: Hat der Terrorismus deshalb gesiegt?
In den Flugzeugen sollen die Türen zum Cockpit verstärkt werden: Hat der Terrorismus deshalb gesiegt?
Nach dem 11. September mussten harmlose deutsche (DRV)-Urlauber beim check-in ihre Nagelscheren abgeben und an einigen Tagen musste man bei der Sicherheitskontrolle sogar die Schuhe ausziehen: Hat der Terrorismus deshalb gesiegt?
War es nicht gerade umgekehrt, dass alle der Meinung waren, das sei zwar eine Belastung, diene aber unserer Sicherheit?
Gab es nicht schon immer Hotels in einigen Zielgebieten, die von hohem Zaun und Sicherheitspersonal am Eingang geschützt waren? Gab es nicht sogar eine Delegation deutscher Touristiker und deutscher Journalisten, die Ägypten besuchten und dem Bus fuhr ein Lastwagen mit Soldaten und Maschinengewehre voraus?
Darf ich den Präsidenten einladen, morgen nach Ägypten und einigen anderen Ländern zu reisen und sich anzusehen, wie heute schon vor Touristenzentren Sicherheitskontrollen aufgebaut sind?
Wie kann man so zwanghaft die Wirklichkeit verdrängen?
Was die Touristen und vor allem unsere Freunde in den Zielgebieten wollen, ist eine klare Aussage dazu, dass die schrecklichen Attentate eben nicht durch den Tourismus provoziert wurden, sondern aus ganz anderen Motiven die gesamte westliche Welt treffen sollen (die verblendeten Attentäter bekämpfen nicht den Hedonismus des Tourismus, sondern den Hedonismus der westlichen Welt) und daraus ergibt sich die Logik, dass es keine seriöse Unterscheidung mehr nach sicheren und unsicheren Zielgebieten gibt. Mit jeder anderen Behauptung spielen wir die Zielgebiete gegeneinander aus und wir selbst werden, leider, sehr schnell widerlegt.
Dass vom DRV-Präsident ausgerechnet jener diffamiert wurde, der nicht dem Tourismus die Schuld in die Schuhe schiebt, sondern öffentlich immer wieder erklärt, dass der unstillbare Wunsch der Menschen zum Reisen, die Zukunft des Tourismus sichern wird, erscheint auf den ersten Blick unverständlich. Aber einige in der Branche haben die Parole ausgegeben, Kopf in den Sand, ab morgen wird es besser und merken nicht, dass sie diesen Satz schon so lange sagen, dass er zumindest von den Journalisten nicht länger geglaubt wird. Und dann „kommt der Kollege, einer von uns“, und hält sich nicht an die vereinbarte Spielregel. So sehr der Hinweis auf „Noch-Kollege“ die Beschimpfung etwas mildern soll, aber spätestens nach der Selbstbeweihräucherung „wir haben das Ohr näher am Kunden!“, ist die Warnung angebracht: Vorsicht, Betriebsblindheit. Ein Rat von außen kann deshalb nicht schaden.
Wer in dieser Branche mit dem aktuellen Jahr so umgeht, siehe Zitat aus der Rede des Präsidenten, „bevor wir mit dem zu Ende gehenden kritischen Jahr machen, was zu tun ist, nämlich es abhaken“ hat sich nicht sonderlich bemüht aus dem vergangenen Jahr Erkenntnisse für das nächste Jahr zu gewinnen.

Zum Schluß für Klaus Läpple eine gute und eine schlechte Nachricht in einem Satz: Diesmal hat er den Nagel nicht auf den Kopf getroffen (siehe BBB vom 30.9.).

Diese "bissigen" Bemerkungen könnten Sie auch interessieren

24.03.2003 Jetzt erst recht



SUCHE