Meldungen:
1. Neues Touristenziel in New York: Die Aussichts-Plattform mit
Blick auf Ground Zero.
2. Der neue Tourismus-Minister von Afghanistan, Abdul Rachman,
erklärte Afghanistan sei wieder offen für Touristen.
Kommentar Karl Born:
Was schenkt man einem, der schon alles hat?
Wohin fährt ein Tourist, der schon alles gesehen hat?
Halleluja, was haben manche Leute Probleme!
Gruseln ist bei Touristen in, von Soft-Gruseln bis
zum Hardcore-Gruselschocker in allen Schattierungen.
Erinnern sie sich noch als die TS Maxim Gorki im Eis
stecken blieb? Die nächste Fahrt auf dieser Route war schnell
ausgebucht.
Dass Hapag-Lloyd-Kreuzfahrten in einem ähnlichen Fall den
vollen Reisepreis erstattete, das verschlug den Passagieren den
Atem, nicht das aufregende Malheur zuvor (O-Ton!).
Natürlich muß der Tourist sich auf der Gruselskala
nach oben reisen.
1) Für den Einsteiger würde ich eine Gefängniswoche
empfehlen, z.B. das alte Amtsgerichtsgebäude in Hillesheim/Vulkaneifel.
Gestreifte Overalls, mit Nummer und Kappe, 12 DZ, einfach möbliert,
Eisentür mit Guckloch.
2) Wer luxuriöses Gruseln möchte, dem sei das TUI-Angebot
Der Mörder ist immer der Gärtner im exklusiven
Reid`s auf Madeira empfohlen. Amateur-Schauspieler (zu deutsch
cast member) spielen, Gäste müssen den Mörder
aufspüren. Guten Appetit, eine kleine Leiche zum Dessert
gefällig? Aber in der Tat: Zeitgeist. Insofern hat es nicht
gewundert, dass zwei Studentinnen kürzlich bei einem Referat
über Zeitreisen, zuerst eine Reise nach Soho empfohlen haben,
dabei sein, wenn Jack, the Ripper unterwegs ist. Bingo,
meine Damen, Sie werden in der Touristik ihren Weg machen.
3) Wem das nicht wirklichkeitsgetreu genug ist, soll sich doch
aus einem Reisekatalog ein neu eröffnetes Hotel aussuchen.
Urlaub auf der Baustelle, das hat was. Ein ehemaliger TUI- Pressesprecher
hat gerne die Geschichte erzählt, wie er mit Frau und Koffer
im Zimmer stand und die Handwerker noch schnell Schrank und Bett
aufbauten. Reisewecker? Kein Bedarf, der Bagger kann das Wecken
viel effektiver.
4) Eine Zeitlang machte auch ein bekannter süddeutscher Veranstalter,
dessen Namen ausgeschrieben Furcht Toleriere Ich bedeutet,
Furore mit seinem Hotelangebot in der Dominikanischen Republik.
Diese Hotels verursachten deutschen Urlaubern Gruseln und deutschen
Reiserichtern viel Arbeit.
5) Für Profis sei dann schon Sri Lanka empfohlen. Erinnern
wir uns als eine junge Touristin nach einer Ayurveda-Massage (Ayurveda
die Lehre vom Wissen um das Leben) einen Brief in Colombo
in den Briefkasten einwarf und genau in diesem Moment Briefkasten
und das dahinter befindliche Haupt-Postamt in die Luft flog. Wenn
man es überlebt, dann weiß man das Wissen vom Leben
zu schätzen.
6) Neues ist im Angebot für unsere Schicki-Mickis. Zum ersten
mal ist der Dezember- Weihnachtseinkauf in New York ausgefallen
("Angst hatten wir keine, aber einfach keine Zeit!").
Jetzt im Frühjahrsangebot in New York: Die Aussichtsplattform
an Ground Zero. Drei Stunden Wartezeit. Na wenn schon, bei Lenin
stand man länger und gegruselt hat es auch nicht so richtig.
7) Afghanistan, das ist eine neue Qualität. Viele Menschen
seien neugierig auf sein Land, weil es so häufig im Fernsehen
gewesen sei sagte Minister Rachman. Der Bursche kann morgen
in jeder unserer Werbeagenturen anfangen. Zum Glück ist auch
die Buddha-Statue nicht mehr da, da kann man ohne schlechtes Gewissen
auf den Kulturteil verzichten. Und Tora-Bora klingt auch irgendwie
aufregender als Bora Bora. Bei letzterem fürchtete man immer,
jetzt kommen gleich die Teletubbies um die Ecke. Prompt hat Ingolf
Lück in der Wochenshow vom 19.1. schon den neuen Werbespot
gezeigt: Come to Taliban Country, unterlegt mit der
Musik vom Marlboro Cowboy. Yippi Yeah!
8) Doch was machen wir mit den Typen, denen vor gar nichts gruselt,
wie im Märchen der Gebrüder Grimm. Denen empfehle ich
eine Reise nach Hannover, Oberursel oder Köln ins Hauptquartier
der Reiseriesen mit täglichem Blick in die Buchungseingangs-Statistik
(siehe Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 19.1.).
Nachbemerkung: Lesen sie ihren Kindern, Enkelkindern,
kleineren Geschwistern, Cousins oder Cousinen, Neffen und Nichten
wieder öfters Märchen vor. Nein, nicht die Pressemitteilungen
der Veranstalter, richtige Märchen wie das erwähnte
von den Gebr. Grimm, dann erfahren sie auch wovor sich letztlich
der junge König doch fürchtete.
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