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11.03.2002 - Storno muss wehtun


Reiseversicherer in Nöten: Sie wollen noch mehr Reiserücktrittskosten-Versicherungen verkaufen, aber Reiserücktritte sollen vermieden werden. Kommt jetzt die Prügelstrafe für reiseunwillige Urlauber?

Kommentar Karl Born:
Bei Deutschlands Reiseversicherern sollen angeblich die Nerven blank liegen. Schien es bislang so, als sei diese Branche auf Gewinn abonniert, so sieht es seit September letzten Jahres anders aus. Die Schadensfälle sind deutlich gestiegen.
Der Schuldige ist auch schon ausgesucht. Angeblich stellen die deutschen Ärzte zu leicht und zu oft Gefälligkeitsgutachten aus. Deshalb soll Storno künftig wehtun. Wobei noch offen ist, ob die Prügelstrafe die reiseunwilligen Urlauber oder die attestfreudigen Ärzte treffen soll.
Dass hierbei das Vorurteil über Versicherungen wieder mal bestätigt wird (flink beim Prämien kassieren und jammern beim Zahlen), ist fast nur der kleinere Teil des Geschehens. Schlimmer ist die Kundenbeschimpfung: „Storno muss wehtun!“
Da hat wohl jemand auf der Website „manager-magazin.de“ die Ankündigung für ein neues Marketingbuch gelesen mit dem Titel: „Quälen Sie ihre Kunden – die mögen das“. Nur, der Vordenker von der Versicherung hätte weiterlesen müssen, wer das Buch geschrieben hat: Stephen Brown, University of Ulster in Nordirland. In Nordirland haben die (leider) ein anderes Verhältnis zu Gewalt, als der brave deutsche Tourist.
Gleichzeitig hört man von den Versicherern, dass sie die Abschlussquote für Reiserücktrittskosten-Versicherungen von derzeit 30% auf zwei Drittel erhöhen möchten. Da muß jemand sehr lange vorher im Wirtshaus gesessen haben, um „Wehtun“ und „Abschlusssteigerung“ in eine Reihe zu bringen. Die Touristen werden nicht mitspielen und wer nicht bucht, schließt auch keine Versicherung ab. So einfach ist das.

Deshalb müssen die Veranstalter genau den anderen Weg gehen und ein neues Verhältnis für die Stornierungen finden. Moderate Prämien und für einen Teil der Stornierungsgebühr einen Reisegutschein ausstellen. Nur so kann das Vertrauen der Kunden zurückgewonnen und Kundenbindung aufgebaut werden.
Das ist natürlich keine gute Nachricht für die Versicherer und deshalb hat der Chef einer Versicherung auch vorausschauend erklärt, dass entsprechende Aktionen „hektisch“ und „Reisegutscheine für die Branche grottenschlecht seien“. Achtung liebe Reisebranche! Mit einer solch hilfsbereiten Botschaft stand auch der kreidefressende Wolf vor dem Haus der sieben Geißlein. Und wenn jemand behauptet, Unternehmen, die jetzt an dieses Thema herangingen, hätten „in ihrer Not das Thema nicht zu Ende gedacht“, so ist es wohl gerade umgekehrt: Diese Unternehmen haben es von Anfang an richtig gedacht, „nämlich vom Kunden her“. Und auf längere Sicht gesehen, ist das immer die erfolgreichere Variante (zugegebenermaßen vielleicht nicht für die Reiseversicherer).



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